BLICK ÜBERN GARTENZAUN

Ich bin in einem kleinen, über 1000 Jahre alten Dorf in Südniedersachsen aufgewachsen. Und es waren glücklicherweise immer Menschen um mich die mir vermittelt haben, dass Gärtnern und der Umgang mit Natur etwas Gutes ist.
Meine Großeltern mütterlicherseits hatten bis ins hohe Alter einen Selbstversorgergarten inklusive Kaninchenzucht. Das beste Fleisch, das man sich vorstellen kann. Im Eisenbräter, mit Olivenöl und Kräutern der Provence gegart, ist es köstlich!  Der Mist der Kaninchen sorgte für hervorragende Bodenregeneration und riesige Möhren, sodass ich in diesem Herbst Nachbarn mit Tierhaltung um Mistspenden für unseren tierlosen Hausgarten bitten werde. Die Möhren wiederum teilte mein Großvater mit den Kaninchen, sie bekamen an jedem Tag ihres Lebens bestes handgeschnittenes Gemüse-Müsli als Futter. 
Unsere Eltern führten mit viel Engagement die Gartentradition der Großeltern fort und passten ihren eigenen Garten gleichzeitig an die Spielbedürfnisse dreier Kinder an. Als Älteste holte ich vom benachbarten Bauern mit meinem Tretroller eine 10er Packung Eier, die es im Sommer oft als Rührei mit Schnittlauch, grünem Kopfsalat in süßer Sahne und Kartoffelbrei gab. Bis auf die Eier und die Sahne waren alle übrigen Zutaten eigene Ernte.
Ich erinnere mich sehr genau, wie ich an einem Sommertag auf dem Rückweg eine Schnecke fand, sie vorsichtig an ihrem Schneckenhaus aufhob und auf meinen Tretroller neben meinen Fuß und die Eierpackung setzte. Irgendwie brachte ich alles heile nach Hause, lieferte die Eier bei meiner Mutter in der Küche ab und setzte die Schnecke in einen geöffneten Schuhkarton, dessen Boden ich mit ausgerupftem Rasen und Gänseblümchen zuvor bedeckt hatte. Diese Schnecke war nun mein Haustier und die übrigen Kinder in meiner Straße brachten ebenfalls Gartenschnecken zum Spielen mit. Wir veranstalteten Schneckenrennen und ließen sie irgendwann wieder frei, um in einem Bachlauf nach Wassermolchen zu suchen. Wir wollten die Tiere nicht quälen, sondern sie nur sehr genau betrachten und ihr Verhalten beobachten.
Wer sich mit dem Gärtnern beschäftigt benötigt verschiedene Eigenschaften, vor allem aber Geduld und Achtsamkeit für die Standorte der Pflanzen und die Symbiose mit der Tierwelt. Dazu gehört neben der eigenen Nutzung des naturnahen Gartens die Brutzeit der Vögel, die Lebensräume der Igel, Frösche, Libellen, Insekten usw. zu berücksichtigen. „Leben und leben lassen“ ist eine vermeintliche Plattitüde, die aber Gartenglück für alle Lebewesen ermöglicht, während man gleichzeitig den Nutzen für das eigene Dasein daraus zieht. 
Viele Inspirationen bezog ich von Kindesbeinen an aus meiner Familie und der dörflichen Nachbarschaft. Später begeisterten mich englische Selbstversorger wie John Seymour oder Hugh Fearnley-Whittingstall und heute spaziere ich virtuell durch Gärten aus der ganzen Welt bei INSTAGRAM.